Posse um Sondersitzung
Möser | Regelmäßig Leser unserer Seite wissen, dass es die Gemeinde Möser mit Zahlen zu den Grundsteuerobjekten und Grundsteuereinnahmen seit mehr als einem Jahr nicht so genau nimmt. Auch Anträge des Gemeinderates verschwinden gerne mal in Schubladen, bis die Bürger für Bürger (BfB) auf die Umsetzungen durch die Gemeindeverwaltung drängen.
Was nun aber in den letzten zwei Wochen geschah, schlägt dem Fass den Boden aus.
Nachdem im Gemeinderat am Dienstag, 28. Oktober 2025, die BfB mit ihrem Antrag auf plausible Zahlen zu Grundsteuerobjekten und Grundsteuereinnahmen bei Stimmengleichheit von acht zu acht Stimmen gescheitert ist und sie ihren Antrag auf Senkung der Hebesätze für bebaute Wohngrundstücke in den Hauptausschuss des Gemeinderates verweisen musste, um eine Steuersenkung für Familien und Eigentümer von Wohngrundstücken nicht zu gefährden, preschte der Gemeindebürgermeister am Mittwoch, 5. November 2025, mit einer E-Mail an alle Fraktionsvorsitzenden vor.
In dieser E-Mail ging es um nichts anderes als den Vorschlag einer Senkung der Hebesätze für Wohngrundstücke. Eben jene Forderung, die die BfB seit mehr als einem Jahr aufstellt. Dabei übertraf der Bürgermeister mit seinem Beschlussvorschlag sogar die errechnete Senkung der BfB um ganze neun Prozent. Das war aber noch nicht alles. Der Gemeindebürgermeister erklärte in seiner E-Mail, dass durch einen krankheitsbedingten Ausfall die vorgeschlagene Einsicht in die Zahlen zu Grundsteuerobjekten und Grundsteuereinnahmen kurzfristig nicht mehr möglich sei.
Fragen kamen auf:
Warum wird seitens der Verwaltung so taktiert? Was wird möglicherweise verschleiert? Wann wird Transparenz in der Sache hergestellt?
Hat der Gemeindebürgermeister eine Steuersenkung unterhalb der Mehreinnahmen vorgeschlagen, um Ruhe zu haben und ein weiteres Nachgraben zu verhindern?
Die E-Mail des Gemeindebürgermeisters war lang. So lang, dass sogar noch Platz für den Hinweis blieb, dass der von der BfB-Fraktion eingebrachte Antrag zur Senkung der Hebesätze aufgrund fehlender Zeit nicht mehr behandelt werden könne und deshalb die Gemeinde eine eigene Beschlussvorlage zur Senkung in die nächste Hauptausschusssitzung einbringen werde.
Hier wollte man also den über einjährigen Kampf der BfB-Fraktion einfach konterkarieren und sich die Senkung der Grundsteuerhebesätze auf die eigene Fahne schreiben.
Doch nicht mit den BfB, nicht mit uns. Die BfB-Fraktion im Gemeinderat entschloss sich deshalb am Freitag, 7. November, gemeinsam mit drei weiteren Gemeinderatsmitgliedern, formulierten die vier BfB-Fraktionsmitglieder eine Forderung auf außerordentliche Sitzung des Gemeinderates . Dies ist nach dem Kommunalverfassungsgesetz § 53 Abs. 5 und der Geschäftsordnung des Gemeinderates der Gemeinde Möser § 1 Abs. 4 mit einem Viertel der Gemeinderatsmitglieder möglich. Da der derzeitige Gemeinderat inklusive des Gemeindebürgermeisters aus 20 Vertretern besteht, forderte also ein Drittel der Volksvertreter eine außerordentliche Sitzung des Gemeinderates.
Die Posse beginnt
Mit der gemeinsamen Forderung nach einer Sondersitzung am Freitag, dem 7. November, an die Gemeinderatsvorsitzende und den Gemeindebürgermeister erwarteten wir eine, wie im Gesetz formulierte, unverzügliche Einberufung des Gemeinderates. Am Sonntag, 9. November, antwortete die Gemeinderatsvorsitzende und erklärte, sie habe die Forderung erhalten und zur weiteren Bearbeitung an die Gemeindeverwaltung und den Gemeindebürgermeister weitergeleitet. Doch bis zum Dienstag, 11. November, passierte nichts. Die Gemeinde sah sich nicht genötigt, die gesetzlichen und verfassungsmäßigen Rechte der Gemeinderatsmitglieder und Vertreter der Bürger zu gewährleisten.
Selbst eine fernmündliche Rückfrage beim Gemeindebürgermeister brachte keinen Erfolg. Wir informierten daraufhin die Gemeinderatsvorsitzende über mögliche rechtliche Konsequenzen in Form eines Interorganstreits am Verwaltungsgericht Magdeburg, sollte sie nicht von sich aus zu einer außerordentlichen Gemeinderatssitzung einladen – dies ist nach dem Kommunalverfassungsgesetz ihre Aufgabe.
Dies brachte sechs weitere Gemeinderatsmitglieder dazu, sich dem Antrag der bisherigen sieben Gemeinderatsmitglieder schriftlich anzuschließen. Damit forderten nun 13 Gemeinderatsmitglieder eine außerordentliche Sitzung des Gemeinderates.
Nun reagierte die Gemeinde Möser mit zwei Einladungen zu außerordentlichen Sitzungen.
Einer außerordentlichen Hauptausschusssitzung und einer außerordentlichen Gemeinderatssitzung. Beide vor der regulären Hauptausschusssitzung am 18. November und damit 11 Tage nach Antragsstellung auf Sondersitzung. Schon dieser Termin liegt außerhalb der gerichtlich festgesetzten zeitlichen Grenzen, die mit der Definition von „unverzüglich“ einhergehen (BGH, 21.01.1991 – II ZR 190/89).
Kommunalaufsicht eingeschaltet
Doch ein weiterer Fakt stieß nun allen Fraktionen im Gemeinderat auf. Die Gemeindeverwaltung lagerte der geforderten außerordentlichen Sitzung des Gemeinderates eine Hauptausschusssitzung vor, die weder notwendig noch gewollt war. Zudem beließ der Gemeindebürgermeister die gemeindliche Beschlussvorlage zur Hebesatzsenkung in der Tagesordnung der regulären Hauptausschusssitzung, was eine Doppelung der Beschlüsse bedeutete – BfB-Antrag und gemeindliche Beschlussvorlage mit gleichem Ziel.
So entschieden die BfB am Mittwoch, 12. November, die Kommunale Aufsichtsbehörde (KAB) des Landkreises einzuschalten. In einer E-Mail erklärte die BfB-Fraktion die Problematik und bat um rechtliche Würdigung. Außerdem baten sie um die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Gemeindebürgermeister, da dieser mit der Untätigkeit der Gemeindeverwaltung gegen das Kommunalverfassungsgesetz und das Bürgerliche Gesetzbuch verstoße.
Am Donnerstag, 13. November 2025, um 13.36 und um 16:26 Uhr fragten sowohl der Vorsitzende als auch stellvertretende Vorsitzende der BfB-Fraktion unabhängig voneinander fernmündlich in zwei Telefonaten bei der KAB nach dem Bearbeitungsstand, denn die Zeit drängte.
Von dort lautete die Antwort, die Gemeinde Möser hätte am gleichen Tag, bereits um 9 Uhr, eine rechtliche Würdigung durch die KAB erhalten, in der der Gemeinde Möser mitgeteilt wurde, dass die außerordentliche Hauptausschusssitzung sowohl entbehrlich wäre als auch nicht dem Gesuch der nun 13 Gemeinderäte entspräche. Eine E-Mail mit einer Antwort auf die BfB-Anfrage bei der KAB erhielten wir am 14. November, 7.21 Uhr. Auch darin wurde mitgeteilt, dass die BfB-Fraktion im Recht seien.
Nicht nur das, es war eine indirekte Bestätigung, dass die Mitglieder der BfB-Fraktion die Gesetze und Kommentierungen zu den Gesetzen besser lesen und verstehen können, als die Gemeindeverwaltung.
Ein Armutszeugnis für den Gemeindebürgermeister!
Die Gemeindeverwaltung und der Gemeindebürgermeister hielten indes an der außerordentlichen Sitzung noch bis zum 14. November, 13.13 Uhr, fest. Eine Ausladung erfolgte formlos per E-Mail. Eine Löschung des Sitzungstermins im Ratsinformationssystem und Bürgerportal ist bisher nicht erfolgt.





