Deutungshoheiten verkannt – Kultur-, Tourismus- und Sozialausschuss vom 21.11.2024
Möser | In der kürzlich stattgefundenen Sitzung des Kultur-, Tourismus und Sozialausschusses war viel Spannung, ging es doch zum einen um die Fortschreibung der Jugendarbeit in der Gemeinde Möser und zu entwickelnde und bestehende Tourismuskonzepte. Ein geheimes Treffen erhitzte die Gemüter. Von Hinterzimmerpolitik war die Rede.
Geheimtreffen erhitzt Gemüter
Die Sitzung des Kultur-, Tourismus und Sozialausschusses (KTS) begann unspektakulär bis Gemeindebürgermeister Marko Simon bei der Berichterstattung aus der Verwaltung ein Treffen zwischen ihm, Denny Hitzeroth, Dr. Thomas Trantzschel und Vertretern Möseraner Vereine erwähnte.
Zunächst nichts Spektakuläres, mögen der Außenstehende meinen. Doch so ganz unspektakulär war diese Konstellation nicht. Auch deshalb nicht, weil sich die Runde über ein Thema verständigte, das im KTS Verhandlungs- und Beratungsgegenstand ist, die Jugendarbeit und die Zukunft der Jugendclubs.
Noch in der letzten KTS hatten sich die Ausschussmitglieder darüber verständigt, Vertreter von Schulen, Vereinen und dem Träger der Jugendarbeit in der Gemeinde Möser einzuladen.
So saßen also der Ortsbürgermeister Mösers, der gleichzeitig Fraktionsvorsitzender SPD/DIELINKE ist, der Vorsitzende des KTS, der gleichzeitig stellvertretender Fraktionsvorsitzender SPD/DIELINKE ist und der Gemeindebürgermeister, der SPD-Mitglied ist, in einer nicht weiter öffentlich terminierten Runde, um sich über die Jugendarbeit und die Zukunft der Jugendclubs in der Gemeinde Möser zu verständigen. Und das ohne die anderen Ortsbürgermeister, in denen es Jugendclubs gibt, ohne die anderen Fraktionsvorsitzenden und ohne die Ausschussmitglieder des KTS, mit denen eine öffentliche Sitzung mit eben jenen Vertretern von Vereinen, Schulen und Träger vereinbart war, zu informieren oder gar einzuladen.
Der Zeitpunkt dieses Gespräches mutet dabei zumindest seltsam an. Hatte die Fraktion BfB-Möser doch in der letzten KTS erhebliche Zweifel an der derzeitigen Jugendarbeit gehegt und dies mit Zahlen und Studien belegt. Der Ausschuss war dabei soweit übereingekommen, dass jeder Jugendclubs einzeln zu bewerten wäre. Vor der neuerlichen KTS hatte BfB-Mitglied Christian Luckau drei Anfragen zu Bevölkerungsprognosen, Jugendaltersstatistiken und Jugendarbeit in den Vereinen gestellt. „Dies muss bei den benannten Personen zu einer Reaktion geführt haben, die in das besagte inoffizielle und nicht öffentliche Treffen mündete“, so Luckau spekulierend.
Luckau zeigte sich deshalb nicht zu Unrecht über die Bekanntgabe des Treffens im Nachhinein erbost. Zumal es Ungereimtheiten bei der Veröffentlichung seiner Anfragen gab, die zunächst im Bürgerinformationsportal einsehbar waren, diese dann aber plötzlich verschwanden.
Luckau und der sachkundige Einwohner Oliver Finzelberg forderten deshalb umgehend ein Protokoll des geheimen Gespräches. Doch genau dieses gab es nicht.
Hatten sich hier also Vertreter einer Partei, die im Gemeinderat sitzt, einen intransparenten Wissensvorsprung auf Grundlage der gewissenhaften Arbeit des BfB verschaffen wollen, um mit diesem in dem Kultur-, Tourismus- und Sozialausschuss gegenüber den anderen Mitgliedern und Fraktionen im Vorteil zu sein? Gab es Absprachen zu Wortlauten? All dies bleibt unbeantwortet.
Zwar betonte Simon, es sei bei dem Treffen einzig und speziell um die Nutzung der Räumlichkeiten des Jugendclubs „PikAs“ Möser gegangen, doch ist diese Aussage mehr als fadenscheinig. Hatte der Vorsitzendes des KTS doch den Träger der Jugendarbeit bereits zur nächsten Ausschusssitzung einladen sollen, wo genau dies hätte im nicht öffentlichen Teil mit allen Ausschussmitgliedern besprochen werden können.
Zumindest aber hätte er den Ausschuss über das Treffen informieren müssen, ebenso der Gemeindebürgermeister die Fraktionsvorsitzenden.
Es bleibt ein Geschmäckle!
Jugendarbeit – so sieht es aus
Zur aktuellen Ausschusssitzung des Kultur-, Tourismus und Sozialausschusses waren nun Vertreter der Sekundarschule Möser, der Grundschule Möser und des Trägers der Jugendarbeit in der Gemeinde Möser anwesend, um ihre Sichtweisen auf die aktuelle Jugendarbeit darzulegen und eigene Projekte und Konzepte zur Kinder- und Jugendbetreuung vorzustellen. Dabei machte der DRK-Regionalverband Magdeburg-Jerichower Land e. V. mit seiner Jugendclubleiterin, Jennifer Küllmey den Anfang.
Küllmey berichtete zunächst, dass der Jugendclub „Zur alten Scheune“ Hohenwarthe (JC HW) der am besten funktionierende Jugendclub in der Gemeinde sei. Dies sei der Tatsache geschuldet, dass vor allem Kinder und Jugendliche aus der Kinder- und Jugendeinrichtung „Haus Sonnenschein“, den JC HW nutzen würden.
Für den Jugendclub „Blue“ Schermen („Blue“) konnte Küllmey nur registrieren, dass dort keine Besucher zu verzeichnen sind. Sie begründet dies damit, dass die letzte Generation an Jugendclubbesucher herausgewachsen und eine neue noch nicht erreicht worden sei.
Sie wolle aber die Jugendlichen in der Ortschaft an deren derzeitigen Treffpunkten abholen und zu einem Besuch des „Blue“ animieren.
Für den Jugendclub „PikAs“ Möser stellte Küllmey fest, dass dieser keine Attraktivität und keine Angebote für Kinder und Jugendliche bereithielte. Zudem, so erklärte Regionalverbandesvorständin Ines Schrader, sei das „PikAs“ auf ihr Geheiß hin derzeit vollständig geschlossen. „Bauliche Mängel, die dem Arbeitsschutz und der Sicherheit der Besucher entgegenstehen, würden eine Jugendarbeit in dem Gebäude nicht möglich machen“, so Schrader.
Dies, so Küllmey sei seit zwei Jahren so. Auch der neu eröffnete Bolzplatz neben dem „PikAs“ habe keine Kinder- und Jugendlichen nicht für die Einrichtung begeistern können.
Luckau fragte nach der Vorstellung der aktuellen Situation beim Gemeindebürgermeister Marko Simon nach: „Sind derzeit Beschwerden über Lärm oder Müll aus Schermen begannt, die im Zusammenhang mit Treffpunkten von Jugendlichen stehen?“ Simon verneine dies. Einzig ein Treffpunkt am ländlichen Verbindungsweg zwischen Möser und Lostau sei ihm derzeit als Treffpunkt von Jugendlichen bekannt. Hier seien auch die Regionalbereichsbeamten aktiv.
Keine Statistiken zur Jugendarbeit vorhanden
Trotz Anfragen des BfB seit August 2024 zu Nutzungsstatistiken der Jugendclubs in der Gemeinde Möser, konnten weder die Verwaltung noch der Träger solche vorlegen. Einzig die Aussage von Ines Schrader konnte ins Protokoll aufgenommen werden, wonach die Besucherzahlen insgesamt rückläufig sind. „Die Generation heute ist anders als die Generation vor zehn Jahren“, erklärte Schrader. Es müssen nach ihr Ideen entwickelt werden, wie Jugendarbeit zukünftig verstanden werden soll.
Für den Oktober 2024 berichtete Küllmey, habe es 119 Besucher in den beiden noch geöffneten Jugendclub in Hohenwarthe und Schermen gegeben.
Dies entspricht bei 30 Tagen im Monat knapp zwei Besucher pro Tag.
Jugendarbeit – Schulleiterinnen machen Vorschläge
Dass dies den Tatsachen entspricht, konnte sich die Schulleiterin der Sekundarschule Möser sehr gut vorstellen. Sie erklärte, dass es keinerlei Anbindung der Schule zu den Jugendclubs gäbe. Dabei, so Kießling, sei diese Anbindung für den Informationsfluss notwendig, um gemeinsam Arbeitsgruppen aufbauen zu können.
Ähnlich sah dies Uta Conrady, Schulleiterin der Grundschule Möser. „Die Kinder- und Jugendarbeit ist kein Thema in der Grundschule“, konstatierte sie.
Nach ihrem Befinden sei es wichtig, die Kinder abzuholen, sie zu fragen, was sie wollen.
Darin waren sich auch die Ausschussmitglieder einig.
Conrady hatte weitere Hinweise. „Einfach losgehen, beispielsweise in den Jugendclub, das machen Kinder heute nicht mehr. Es braucht positive Effekte, die dafür sorgen, dass die Kinder in ihre Umwelt eingebunden werden. Die Kinder unserer Schule kennen die Jugendclubs nicht“, so die Schulleiterin.
Auch in Bezug auf die Vereine hatte sie einen Hinweis. Kinder wollen gehört werden. Sie brauchen Vertrauenspersonen. Diese finden sie in ihren Trainern in den Vereinen. Die Kinder fordern Aufmerksamkeit. Diese fehle in der Gemeinde, deren Kinder unter einer Art „Wohlstandverwahrlosung“ leiden.“
Sport und Bewegung, so beide Schulleiterinnen seien bei Kinder und Jugendlichen derzeit am beliebtesten.
Jugendarbeit – keine modernen Konzepte
An dieser Stelle erhob der Schermener Ortsbürgermeister Rolf Bock das Wort. Er verwies auf die Hauptsatzung der Gemeinde Möser, in der die Zuständigkeiten für die Jugendclubs bei den Ortschaften selbst liegen. Er erklärte, dass auch ihm aufgefallen sei, dass im „Blue“ „in letzter Zeit nicht mehr viel passiere.“
Er fragte zudem nach einem gemeindeübergreifenden pädagogischen Konzept. Dieses gebe es laut der ehemaligen Vorsitzenden des Kultur- und Sozialausschusses Ingeborg Schwenk seit dem 12.04.2016.
Damit ist das Konzept beinahe 8 ½ Jahre alt.
Oliver Finzelberg, sachkundiger Einwohner und BfB-Mitglied, verwies deshalb auf ein vom BfB entwickeltes Konzept zur Entwicklung einer modernen Jugendarbeit 2.0, die der BfB allen Interessierten gern als Arbeitsgrundlage zur Verfügung stelle. Bock nahm dieses Angebot gern an und erklärte, er wolle mit der Bürgergemeinschaft Schermen und dem DRK an einer Wiederbelebung des „Blue“ arbeiten.
Einig waren sich alle, dass es einer Erneuerung des Konzeptes für die Kinder – und Jugendarbeit bedarf. Hier ist nun das DRK als Träger gemeinsam mit den Ortschaftsräten Hohenwarthe, Möser und Schermen gefragt.
Tourismus – zweites großes Thema
Als Anlaufdebatte war die Vorstellung der vorhandenen Tourismuskonzepte in der Gemeinde Möser zur aktuellen Ausschusssitzung des Kultur-, Tourismus und Sozialausschusses zu verstehen.
Renata Goryachkin, Sachbearbeiterin Kultur/Tourismus, stellte das Integrierte gemeinschaftliche Entwicklungskonzept IGEK/Leitbild 2025 und das Leit- und Beschilderungskonzept für die Gemeinde Möser und das Jerichower Land vor. Zugleich gab sie einen Abriss kultureller Veranstaltungen und touristischer Angebote im Jahr 2025.
Der BfB verwies nach der Vorstellung darauf, dass Tourismus per Definition das Verlassen des eigenen Lebensmittelpunktes und das Bereisen einer anderen Region ist. Goryachkin wollte dies so nicht definiert sehen. Für sie sei schon das Verlassen der eigenen Ortschaft und das Betreten einer anderen innerhalb der Gemeinde Möser Tourismus.
Einig waren sich die Ausschussmitglieder in der Mehrheit, dass Tourismus einen wirtschaftlichen Synergieeffekt für die Gemeinde und Gewerbetreibenden haben muss. Der BfB erweiterte dies mit dem Gedanken des innergemeindlichen Tourismus als Naherholungsmöglichkeit.
Hierzu stellte der BfB ein eigenes touristisches Leitbild vor, aus dem heraus bereits das Sammel- und Wanderheft „Wandbildgemeinde“ entstand.
In der nächsten Ausschusssitzung sollen zudem touristische Ziele benannt und deren touristische Vermarktung erörtert werden.
Antrag an Ortschaft verwiesen
Mit einem Antrag zur Errichtung einer „Straße der Megalithkultur“ hatte der BfB Möser Gespräche der Gemeinde Möser mit anderen Gemeinden des Landkreises und dem Landkreis selbst gefordert, in denen Bauwerke aus dem Neolithikum vorhanden sind. Der Antrag wurde nach kurzer Erläuterung in die betreffenden Ortschaften Pietzpuhl und Körbelitz verwiesen.
Die Gemeinde könnte über eine „Straße der Megalithkultur“ von der europäischen Straße der Kulturen und damit von Förderungen von Wegeinfrastruktur, Tourismus und Erhalt der Anlagen profitieren.